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Das Zuhause-Gefühl

von Veronika 8. Oktober 2021

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Die 23-jährige Studentin berichtet über die „verlorene Generation“ der offenen Grenzen und endlosen Möglichkeiten, einen Flug zu nehmen und innerhalb von zwei Stunden ein neues „Zuhause“ einzurichten.

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Geboren bin ich in Prag, wo ich auch die ersten 16 Jahre meines Lebens verbrachte. Und dann ging alles bergab. Von Tokyo zu den USA, dann nach England und inzwischen nach Frankreich, Österreich und Spanien. Und das sind nicht meine Urlaubsdestinationen. Ich spreche über die Länder, in denen ich für eine längere Zeit gewohnt, gearbeitet und/ oder studiert habe. Kurz gesagt, all die Länder, die ich irgendwann in meinem Leben mein „Zuhause“ genannt habe. Heißt das aber, dass alle diese Orte mir jetzt einen Heimathafen bieten? Jein.

 

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Wo bin ich also eigentlich jetzt zu Hause?

Es kommt darauf an mit wem ich spreche. Physisch bin ich jetzt in Liverpool, und wenn ich nach der Uni „nach Hause“ gehe, meine ich mein Reihenhaus, das 15 Minuten zu Fuß entfernt ist. Wenn ich jedoch einige meiner Freunde treffe und sie fragen: „Wie geht es zu Hause?“, meinen sie damit mein 1600 Kilometer entferntes Familienhaus in Prag. Und eine Stunde später spreche ich mit meinem Freund aus Spanien, der sagt „Komm jetzt nach Hause, ich vermisse dich.“ Damit meint er unsere Wohnung in Alicante.

 

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Was bedeutet es also, zu Hause zu sein?

Auf den ersten Blick ist es einfach. Das Haus ist ein Gebäude, wo Menschen wohnen. Das versteht selbst ein Dreijähriger. Aber je erwachsener ich bin, desto schwieriger ist es für mich, dieses Wort zu beschreiben und je öfter ich umziehe, desto komplizierter ist es, die Bedeutung dieses Wortes zu erfassen. Deswegen kann ich die Frage leider nicht zur Gänze beantworten. Was ich allerdings weiß, ist, wie es sich anfühlt, wenn man zu Hause ist. Es sind Klamotten, die nach dem lila Ariel-Waschmittel meiner Mama riechen, Chocolate con churros am Sonntagmorgen oder mit dem D-Wagen in Wien von der Augase bis zur Plößlgasse zu fahren, die dafür sorgen, dass ich mich zu Hause fühle. Das dauert aber nur ein paar Minuten, dann kommt die Realität zurück. Ich beklage mich allerdings nicht. Manchmal ist es schwierig, da ich den Eindruck habe, als ob ich nirgendwo hingehöre. Ich kenne die coolen Treffpunkte in Prag nicht mehr und ich kann mir eine Tasse Kaffee im Café Central in Wien auch nicht mehr kaufen. Das Leben geht weiter.

 

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Werde ich mich jemals wieder wie zu Hause fühlen?

Ich denke schon. Dafür müsste ich aber aufhören, jedes Jahr umzuziehen. Und dafür bin ich noch nicht bereit. 

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