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Sechsunddreißig Stunde in Serbien

von Hope 12. März 2024
 

Eine spontane und katastrophale Reise nach Belgrad

Ich saß im Bett, an einem ruhigen Potsdamer Montag im Juni, und suchte billige Flüge. Ich hatte noch drei Wochen in Deutschland vor meiner Rückkehr nach England und nach meinem Praktikum als Fremdsprachenassistentin - warum nicht reisen, solange es noch billig ist?

 

Banja Luka, Bosnien - 35€ für eine Rückfahrkarte. Nicht schlecht, aber was gibt es dort? Nichts, laut einer schnellen Google-Suche. 

Oslo, Norwegen - 50€. Super! - Ähh, die Kosten für die Herbergen würden mich in den Ruin treiben. 

Istanbul, die Türkei - 70€. Aber ich möchte gerne für eine Woche dorthin fahren, nicht nur für ein paar Tage. 

Ich verlor die Hoffnung und dann-

 

Belgrad, Serbien - 45€, vonHamburg. (+ 20€ Rückfahrbahnkarte nach Hamburg). Perfekt! Viel Geschichte, billig und viel zu tun. Los geht’s. 

-

 

Ich wartete auf den Bus nach Belgrad Stadtmitte vom Aerodrom Nikola Tesla, 12 km westlich von der Stadt auf das serbische Land. Als der Bus ankam- eine Stunde später- merkte ich, dass es keine Fahrkartenautomaten gab und man konnte auch keine Fahrkarten beim Fahrer kaufen. Es gab eine Telefonnummer, aber sie funktionierte nur für serbische Handys, nicht mit meiner englischen SIM. Ich verbrachte die einstündige Fahrt in der Angst, dass ein Fahrkartenkontrolleur in den Bus kommen und mich im Dunkeln allein rausschmeißen würde. Ich kann nur drei Dinge auf Serbisch sagen: 

  1. Govorite li engleski/nemački?*

  2. Gde je aerodromski autobus?**

  3. Votku i koka-kolu molim.***

Zum Glück sind die Kontrolleure nicht in Erscheinung getreten. 

 

Die Herbergen waren sehr heruntergekocmmen und feucht, aber nur 35€ für zwei Nächte, ich konnte mich nicht beschweren. Ich hatte fünf Mitbewohner: zwei alte Männer, die nicht sprachen; ein unheimlicher alter Engländer namens Roger, der nicht sagen wollte, warum er Belgrad besucht; eine junge Russin aus Moskau namens Oksana, die nach Amerika ziehen wollte; und endlich, Anton, ein fünfundzwanzigjähriger ukrainischer-Russe, der ein leichter Alkoholiker war. Er war sehr interessant und hatte eine traurige Lebensgeschichte, aber in meiner zweiten (und letzten) Nacht in Belgrad hatte er einen heftigen Streit mit dem serbischen Herbergsbesitzer über den Krieg in der Ukraine. (Er war im Recht - der Herbergsbesitzer war pro-Russland und hatte auch sehr problematische Meinungen über den Jugoslawien Krieg - aber ich war gezwungen, den Streit zu beenden und das war sehr unangenehm). 

Der größte Schock für mich war, dass die Stadt sehr pro-russisch war. Es gab große Werbeflächen mit russischer Flagge, und manche Menschen trugen T-Shirts mit dem Gesicht Putins. Auf Wänden und in Gärten waren anti-NATO und anti-EU Graffiti (was in Anbetracht der NATO-Bombardierung Belgrads im Jahr 1999 nachvollziehbar war), und das LGBT-Zentrum, auf der Hauptstraße und in der Nähe von der Herberge, war mit roter Farbe beschmiert worden. Ich hatte gehört, dass Belgrad liberaler und offener ist, deshalb war ich sehr beunruhigt, das zu sehen. 

Ich hatte geplant, auf ein Musikfestival zu gehen, aber es regnete stark und es wurde leider abgesagt. Trotzdem habe ich einen neuen Plan geschmiedet, um die wichtigsten Sehenswürdigkeiten Belgrad zu sehen. 

  1. Die Festung von Belgrad 

  2. Den Dom des Heiligen Sava

  3. Das Museum Jugoslawiens/Gedenkstätte ,Josip Broz Tito’.

  4. Das Stadion Rajko Mitić (alias die Heimat des Fußballclubs Roter Stern Belgrad)

Aufgrund des schlechten Wetters konnte ich jedoch nur die ersten beiden besuchen. Von der Festung aus hatte man einen guten Blick auf die Stadt, und der Dom war sehr schön, mit goldenen Mosaiken auf seiner riesigen Kuppel.

Trotz der günstigen Preise und des guten Essens (das Cevapcici war nach einem so nassen Tag sehr willkommen) war ich sehr froh, als das Flugzeug wieder in Hamburg landete. Würde ich zurückgehen? Auf jeden Fall nicht nach Belgrad, aber vielleicht nach Novi Sad im Norden des Landes. Wenigstens habe ich eine lustige Geschichte zu erzählen.

 

 

*Sprechen Sie Englisch oder Deutsch?

**Wo ist der Flughafenbus?

*** Einen Wodka und Cola, bitte. 

 


Über die Autorin

Hope ist eine einundzwanzig Jahre alte Studentin aus Birmingham, England. Sie studiert Geschichte und Germanistik und unterrichtete Englisch in einem Potsdamer Gymnasium und einer Grundschule während ihres Auslandsjahres. Sie spricht Englisch und Deutsch und lernt Russisch, um sich in der Zukunft auf die osteuropäische Geschichte zu spezialisieren. 

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